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Pflanzenfieber: Aimé Bonpland

5. Okt. 2023

Das Alexander von Humboldt-Kulturforum bot in der Alexander von Humboldt-Realschule vor Schulleiterin Heike Gürtler, Stellvertreter Dr. Matthias Niedermeier und einigen anderen Gästen einen interessanten Vortrag. Kulturforumsvorsitzender Hartmut Koschyk seine Freude und Dankbarkeit gegenüber der Schule und der Deutsch-Französischen Gesellschaft, die mit ihrem Vorsitzenden Dr. Steffen Arzberger und etlichen Vereinsmitgliedern zugegen war, aus, hatte die Gesellschaft doch spontan ihre Kooperationsbereitschaft für das Kulturgespräch erklärt.

Koschyk leitete über zum Referenten des Abends, dem Berliner Journalisten, Autoren, herausragenden Humboldt-Experten und „ZEIT“-Leserreisenleiter Peter Korneffel.

Korneffels Anliegen in diesem Jahr war es, Alexander von Humboldts Freund, Reisebegleiter, vor allem aber auch Forscherkollegen, Botaniker und Arzt, Aimé Bonpland, anlässlich seines 250. Geburtstages dem interessierten Publikum mit seinem bebilderten biografischen Vortrag „Pflanzenfieber“ näherzubringen. Bonpland wurde am 29. August 1773 in La Rochelle/Frankreich geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend als Schatzsucher, Baumkletterer und Pflanzensammler in den elterlichen Weinbergen. In Paris studiert er Medizin und wird 1793 von Napoleons Wehrpflicht für zwei Jahre in den Krieg eingezogen, geht zur Marine, wo er als „Wundarzt 2. Klasse“ Kriegsverletzte behandeln muss. Zurück in Paris schließt er sein Medizinstudium ab, konzentriert sich aber fortan auf Heilpflanzen – ein Studium der Botanik erfolgt. In einem Hotel in Paris trifft er zufällig die Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt. Mit letzterem verbindet ihn ab dieser Zeit eine 60-jährige Freundschaft, über die Alexander von Humboldt sagt, sie sei „einer der glücklichsten Vorfälle meines Lebens“ gewesen.

Der Bergbauspezialist Humboldt hat beste Kontakte zum Umfeld des spanischen Königs. Im Juni 1799 dürfen Bonpland und Humboldt mit spanischem Reisepass auf einem Postschiff zunächst nach Kuba reisen. Die folgenden fünf Jahre werden für Bonpland als Arzt und Botaniker dieser Expedition zu einer hoch improvisierten, lebensgefährlichen, aber wissenschaftlich sensationellen Amerikareise durch Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexiko und die USA.

Das „Team Humboldt/Bonpland“ ist ein Team auf Leben und Tod. Der eine konnte ohne den anderen nicht. Bonpland rettet Humboldt das Leben, weil dieser nicht schwimmen konnte. Er fand die Chinarinde als führendes Mittel gegen Fieber und entwickelt ein Tintendruckverfahren, um Pflanzenabdrücke haltbar zu machen. Die botanische Hauptarbeit leistet Bonpland – die Publikation der sensationellen Funde und Entdeckungen übernimmt Humboldt.

1804 in Paris beginnt Bonpland die botanische Auswertung der Expedition und 6.000 Pflanzen. Mit Humboldt gibt er bald u.a. die „Essay sur la géographie des plantes“ heraus, ein Meilenstein der Forschung. Doch Bonpland bleibt Botaniker mit eigener Vision. Er freundet sich mit der Frau Napoleons an und übernimmt bald die Intendanz ihrer Gärten von Navarre und von Malmaison bei Paris. Für Kaiserin Josephine legt er nun den weltweit größten Rosengarten an. Ein Bruch im Leben Bonplands ist Josephines Tod Ende 1814, zwei Jahre später wandert er nach Südamerika aus. Durch unglückliche Umstände und Wirrungen  wird Bonpland zehn Jahre in Paraguay gefangen gehalten und setzt selbst dort seine Forschung an Tropenpflanzen und Merinoschafen erfolgreich fort. Anschließend baut er in Brasilien als Bauer, Tierzüchter und Agrarforscher neu auf. Er steht in regelmäßiger Korrespondenz mit seiner Familie, mit Humboldt in Berlin und mit Wissenschaftlern in Paris. In den 1830er Jahren wird er in diplomatische Konflikte verwickelt. 1850 zieht er letztmals um, nun in das argentinische Dorf Santa Ana. „Don Amado Bonpland“ – die (wörtlich übersetzt) „Geliebte gute Pflanze“ - verstirbt dort in Armut mit 84 Jahren, am 11. Mai 1858.

Nach einer guten Stunde fesselnden Vortrags mit beeindruckenden Bildern und überraschenden Textpassagen ist das Publikum gänzlich begeistert und hätte Peter Korneffel noch stundenlang weiter lauschen können. Hartmut Koschyk bedankte sich beim Referenten mit einem Buchgeschenk , dessen Frau erhielt Pralinenspezialitäten. Die Gäste trafen sich noch in der Aula der Schule, wo eine liebevoll zusammengestellte kleine Ausstellung nebst Erfrischungsgetränken wartete, kredenzt von zwei pfiffigen Französisch-Schülern unter Anleitung der Französischlehrerin Sylvia Pernsler. Der Referent war umlagert von wissbegierigen Humboldtfreunden und glänzte auch hier mit exzeptionellem Fachwissen.

 

 

 

 

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